Eine Lektion über den Umgang mit digital entstandenen Daten in der Forschung, Öffentlichkeitsarbeit, Lehre und Archivierung am Beispiel sozialer Medien
In dieser Lektion wird die Beziehung zwischen sozialen Medien und der Arbeit von HistorikerInnen mit Fokus auf Quellenkritik, Öffentlichkeitsarbeit und Archivierung diskutiert. Ziel ist es, zu vermitteln, wie HistorikerInnen soziale Medien kritisch für ihre Forschung nutzen können. Die Lektion beinhaltet ein kurzes Video und verschiedene Aufgaben, die sich aus verschiedenen Blickwinkeln mit sozialen Medien befassen: ihrem historischen und pädagogischen Wert, ihrer vielfältigen Nutzung sowie der technologischen, kulturellen und ökonomische Vielfalt der Plattformen, auf denen sie weltweit gehostet werden. Und nicht zuletzt wird X (vormals Twitter), ein für die akademische Forschung weit verbreiteter Microblogging-Dienst, einer eingehenderen Analyse unterzogen.
Social media and historians, why bother?
In dieser Animation wird die Relevanz und der historische Wert sozialer Medien für HistorikerInnen erörtert.
In der Geschichtswissenschaft wird oftmals argumentiert, dass ein gewisser zeitlicher Abstand und Zugang zu unter Verschluss gehaltenen Dokumenten dafür notwendig sind, damit ein Ereignis „reif“ genug für eine historische Untersuchung ist. Diese Vorstellung einer gewissen „Wartezeit“ bestimmte lange die Historizität von Ereignissen oder Themen. Das Aufkommen des Internets und der sozialen Medien ermöglichen den direkten Zugang zu einer Fülle an Daten, insbesondere im privaten Bereich. Dies stellt die Idee davon, was als historisch betrachtet werden kann, infrage. In dieser Aufgabe werden Sie sich mit verschiedenen Meinungen über die Rolle der sozialen Medien in der Geschichte, und der Frage, ob sie als historische Quellen angesehen werden können, auseinandersetzen.
Bildnachweis: Linaria Comunicación, Giphy; INTO ACTION, Giphy; Flamingo Services, Giphy.
Betrachtet man die sozialen Medien aus der Perspektive von HistorikerInnen, ist es wichtig zu bedenken, dass sich die Meinungen von ExpertInnen bezüglich der Definition von „sozialen Medien“ unterscheiden, sowie ob diese Form der Kommunikation bereits in der Zeit vor dem Internet existierte. Viele dieser Diskussionen drehen sich darum, ob die technische Infrastrukturan sich das innovative Element ist, oder ob die Innovation darin liegt, wie Menschen diese Infrastruktur nutzen. Aus Sicht von HistorikerInnen ist der Begriff „soziale Medien“ problematisch, da Medien per Definition eine soziale Funktion haben. Im digitalen Zeitalter kann sich der Begriff auch, verwirrenderweise, auf die bahnbrechenden Austauschplattformen der frühen 2000er-Jahren beziehen, darunter MySpace und Friendster. Damals wurden diese als Social Networking Sites (oder: Webseiten zur sozialen Vernetzung) bezeichnet. Mit der Einführung von Twitter, Pinterest, Instagram und Snapchat, die eher auf den Austausch von Inhalten als auf die Schaffung von Netzwerken ausgerichtet sind, gewann der umfassendere Begriff „soziale Medien“ an Zugkraft. In dieser Aufgabe werden Sie die historischen Kontinuitäten und Diskontinuitäten des Phänomens der sozialen Medien untersuchen.
„2021 World Map of Social Networks“. Bild erstellt von Vincenzo Cosenza und hier ohne Veränderung des Originals auf Vincos Blog unter Creative Commons Lizenz CC-BY-NC entnommen.
In dieser Aufgabe sollen Sie eine Webrecherche durchführen, um die Profile unterschiedlicher Social-Media-Plattformen zu erstellen. Es gibt zahlreiche Ansätze, um die Merkmale eines sozialen Mediums zu spezifizieren. So kann man zum Beispiel die Technologie und die Art der Kommunikation, die sie ermöglicht, bzw. die Nutzererfahrung betrachten oder sich auf die Politik und Strategie des Unternehmens konzentrieren, welches das soziale Medium betreibt, also auf das Geschäftsmodell. Diese verschiedenen Ansätze helfen, besser zu verstehen, um was es sich bei diesen verschiedenen sozialen Medien eigentlich handelt. Durch die Klassifizierung ihrer Typologie können HistorikerInnen ihre Inhalte als digitale Quellen genauer analysieren.
„Digital Preservation“. Bild von Jørgen Stamp kreiert und hier im Original Digitalbevaring.dk unter Creative Commons Lizenz CC BY 2.5 DK verwendet.
In dieser Aufgabe wird eine Reihe von Beispielen vorgestellt, in denen soziale Medien auf unterschiedliche Weise genutzt wurden, darunter:
- Zur Veranschaulichung der Veränderungen in der Praxis von HistorikerInnen
- Um Geschichte auf eine neue Art zu lehren
- Um falsche historische Fakten zu verbreiten
- Um ein historisches Ereignis zu dokumentieren
Notieren Sie zu jedem der nachstehenden Beispiele, welche Argumente im entsprechenden Artikel angeführt werden, und schreiben Sie dann einen kurzen Text (max. 150 Wörter) darüber, inwiefern das jeweilige Beispiel auf einen oder mehrere der vier oben beschriebenen Fälle zutrifft.
Twitter, jetzt als X bekannt, wurde im März 2006 lanciert. Nach verschiedenen Schätzungen und „offiziellen“ Zahlen, welche von Twitter Inc. veröffentlicht wurden, hat die Plattform inzwischen 300 - 400 Millionen NutzerInnen. Twitter wurde dafür bekannt, Informationen sehr schnell zu verbreiten und große Kontroversen auszulösen (einschließlich Fälle von Belästigungen), sowie gesellschaftspolitischen Bewegungen (wie #BlackLivesMatter oder #MeToo), aktuellen Themen, sowie Journalistinnen Raum zu geben.
Nach dem Abschluss einer rechtlichen Vereinbarung mit den Aktionärinnen von Twitter Inc. am 14. April 2022 und einer Reihe von Ereignissen, kaufte Elon Musk Twitter und übernahm die Plattform offiziell per 27. Oktober 2022. Seitdem wurde Twitter umstrukturiert, viele Mitarbeitende entlassen und zu ‘X’ umbenannt. Viele der seit Oktober 2022 getroffenen Maßnahmen wurden angefochten, darunter die Wiederzulassung von Konten mit rechtsextremen Ansichten und die teilweise Umstellung auf ein Bezahlmodell für Nutzende. Diese Entscheidungen führten zum Verlust vieler WerbekundInnen und stellten die langfristige Zukunft der Plattform in Frage.
Diese Lektion, die ursprünglich im Jahr 2021 veröffentlicht wurde, wurde Ende 2023 geändert, um den Übergang von Twitter zu X zu berücksichtigen, wobei ein starker historischer Schwerpunkt beibehalten wurde. Ziel ist es nicht, die Plattform so zu untersuchen, wie sie heute ist, sondern vielmehr, wie sie sich seit 2006 entwickelt hat.In dieser Aufgabe werden die verschiedenen Merkmale/Dimensionen des sozialen Mediums Twitter diskutiert: Geschichte, Nutzung, Analysemöglichkeiten und Archivierung.