Der Prozess der Archivierung wird nicht allein von der allgemeinen Sorge um Bewahrung angetrieben. Er hängt auch sehr stark mit den Möglichkeiten zusammen, die Identität, den Status und die Position einer Person zu verlängern und zu festigen. Nach Janne Nielsen, die eine klare Unterscheidung zwischen „Makro“- und „Mikro“-Archivierung vorschlägt, muss beispielsweise unbedingt zwischen einer mächtigen Institution, die eine Bewahrungsstrategie vor dem Hintergrund der Prosperität gegenüber einer breiten imaginären künftigen Zielgruppe entwirft („Makro“), und einer Wissenschaftlerin nach Abschluss eines geförderten Projekts unterschieden werden, der es gelingt, ihre Daten zur zukünftigen Nutzung im Rahmen ihrer akademischen Laufbahn zu bewahren („Mikro“). Im Falle der EU ist die Bewahrung – wie die nachstehenden Beispiele zeigen – auch aus Gründen der Transparenz in Bezug auf die Art und Weise von Bedeutung, wie Entscheidungen getroffen werden oder wie sich der rechtliche Rahmen zum Schutz der Bürger und ihres kulturellen Erbes im Laufe der Zeit entwickelt. Die hier vorgestellte Fallstudie – wie die Europäische Union die Bewahrung ihrer Web-Archive handhabt – ist ein Beispiel für Makro-Archivierung. Die „Ebene“ der Archivierung in diesem Kontext sollte während des gesamten Beispiels im Auge behalten werden.
Die Europäische Union wurde in einem bestimmten geopolitischen Kontext nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet, um Handel und Kollaboration zwischen europäischen Ländern zu fördern und das Risiko künftiger gewaltsamer Konflikte zu verringern. Als sich dieser Kontext entwickelte und neue Länder der EU beitraten, veränderte sich die EU entsprechend, und eine dieser Veränderungen zeigte sich in der steigenden Zahl der EU-Behörden. Mit dem Aufkommen des Webs in den 1990er-Jahren veränderte sich auch die Art und Weise, in der sich diese Institutionen ihrem Publikum präsentieren konnten. Durchsucht man also ein Web-Archiv nach einer EU-Behörde, ist es wichtig zu verstehen, welche Funktion die Website zum jeweiligen Zeitpunkt für diese Behörde hatte.
Stellen Sie sich die folgende Frage: War die Erstellung einer Website und die Veröffentlichung von Texten über die Aufgaben der Behörde damals etwas völlig Neues, oder war es die Fortsetzung einer bereits bestehenden Praxis – z. B. die Information der Außenwelt über die Arbeit einer Organisation – durch das neue Medium „Website“? Wenn Sie über diese Frage nachdenken, werden Sie den Wert einer Website als historische Quelle besser verstehen.
Es gibt zwei Möglichkeiten, die Web-Archive der EU zu konsultieren. Man kann die Wayback Machine des Internet Archive nutzen, die seit den Anfängen des Internets im Jahr 1996 auf nichtkommerzieller Basis zufällige Schnappschüsse macht, oder das Web-Archiv der Europäischen Union konsultieren, das aus Webseiten besteht, die von Archive-It, dem kostenpflichtigen Dienst des Internet Archive, der diese Dienste seit 2006 anbietet, systematischer erfasst werden. Die für die Bewahrungspolitik zuständige Institution ist das Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union. Diese interinstitutionelle Organisation mit Sitz in Luxemburg hat die Aufgabe, die Publikationen der EU zu erstellen und zu verbreiten, freien Zugang zu offiziellen Informationen und Daten der EU zu gewähren und die langfristige Bewahrung der von den EU-Institutionen und -Organen erstellten Inhalte zu gewährleisten. Für diese Aufgabe werden wir die Wayback Machine und unseren zugehörigen „Spickzettel“ verwenden, um die archivierten Inhalte zweier EU-Behörden im Laufe der Zeit zu vergleichen – des Europäischen Gerichtshofs und des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen.
Tipp: Am besten lassen sich die beiden vergleichen, indem Sie einen Screenshot von jeder Homepage machen, ihn verkleinern und dann nebeneinander auf Ihrem Bildschirm öffnen.
Öffnen Sie die Wayback Machine des Internet Archive auf zwei verschiedenen Registerkarten. Suchen Sie auf der ersten Registerkarte nach den Schnappschüssen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) unter Verwendung der URL seiner Homepage: https://curia.europa.eu/. Suchen Sie auf der zweiten Registerkarte nach den Schnappschüssen des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen (EIGE) unter Verwendung der URL seiner Homepage: https://eige.europa.eu/. Füllen Sie dann mithilfe der Web-Archive und eventuell erforderlichen zusätzlichen Web-Recherchen die nachstehende Tabelle aus:
Europäischer Gerichtshof | Europäisches Institut für Gleichstellungsfragen | |
---|---|---|
Übersicht | ||
In welchem Jahr fand die Gründung statt? (ggf. Wikipedia nutzen) |
||
Was ist die Aufgabe der Behörde? | ||
Ältere archivierte Webseiten | ||
Welches sind die ersten archivierten Webseiten, die Sie mit der Wayback Machine finden können? Aus welchem Jahr und von welchem Datum? In welcher/welchen Sprache(n)? |
||
Wie lauten die Titel der verschiedenen Seiten der Website? Macht der Aufbau für Sie Sinn? | ||
Versuchen Sie, mithilfe der ältesten verfügbaren archivierten Webseite die Seite zu finden, die den besten Überblick über den Inhalt der Website bietet, und notieren Sie die Überschrift und den Link dieser Seite (oftmals ist dies die Startseite, aber nicht immer) | ||
Gibt es eine Suchfunktion, über die auf eine oder mehrere Datenbanken zugegriffen werden kann? Was enthalten diese Datenbanken? |
||
Können Sie Inhalte hoch- oder herunterladen? | ||
Jüngste archivierte Versionen der Websites (dieses Jahr) | ||
Welche Veränderungen stellen Sie zwischen der ersten und der letzten archivierten Website der jeweiligen EU-Institution fest? | ||
Sind die Veränderungen Ausdruck eines anderen Kurses, den die Behörde in diesem Zeitraum eingeschlagen hat? Darunter beispielsweise:
|
||
Bestehen die Veränderungen in einem moderneren Design und/oder einem Zuwachs an Funktionen? Darunter beispielsweise:
|
Tragen Sie Ihre Antworten in das Antwortformular ein |
Schreiben Sie einen kurzen Essay (500 Wörter), in dem Sie möglichst eine Antwort auf folgende Schlüsselfrage finden:
Welche Art von historischen Informationen bietet uns eine Website?
Berücksichtigen Sie dabei Folgendes: